TV Smith

UK Subs + TV Smith @ Hansa39, München, 2017-02-02

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Kann man alljährlich im Februar die Uhr nach stellen: Punk-Rock-Dinosaurier-Treffen im Münchner Feierwerk. Das lange handelsübliche Paket Subs/Vibrators wurde vor einigen Jahren aus dem Angebot genommen, die im Vorprogramm altgediente Combo um Gitarrist Knox ersetzte der Fernseh-Schmied Tim, seit nun auch schon wieder vielen Monden gibt der drahtige Engländer das Eröffnungsprogramm im Rahmen dieser Nostalgie-Abende zum Thema „Der englische Punk der ersten Stunde“. Wie gehabt schrammelte sich TV mit der Akustik-Klampfe bewaffnet durch seine Prekariats-Balladen vom Kaliber „Immortal Rich“, „Expensive Being Poor“, „Lion And The Lamb“, die Tote-Hosen-Nummer „Pushed Again“ kam zum Vortrag und selbstredend die Punk-Hits der Siebziger „Gary Gilmore’s Eyes“ und „Bored Teenagers“ der von Smith 1976 mitbegründeten Adverts, im flotten Punk-Folk-Gitarrenanschlag breitet sich bei TV Smith schnell Monotonie durch den immergleichen Akkord aus, das Manko wett macht der Engländer durch sein grundsympathisches Wesen und den unverkennbaren, beherzten und empathischen Sangesvortrag seiner Protestnummern, die er in bestem Deutsch anmoderierte und in seinen Ansagen das derzeit offenbar unvermeidliche Thema „Volldepp @ White House“ strapazierte. Am 7. Mai wird er seine Songs zusammen mit Band im Münchner Import/Export präsentieren, in dem Fall dürfte dann auch für etwas mehr Breite im Klangbild des Schrammel-Punk gesorgt sein.
(****)

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„Punk isnt‘ dead, it just smells funny“ hätte der große Frank Zappa in dem Fall wohl zum Besten gegeben, würde er noch unter uns weilen. Vierzig Jahre sind Charlie Harper und seine UK Subs inzwischen unterwegs im Namen des kompromisslosen Briten-Punk, vier Dekaden Pogo-Gepolter entlocken dann doch ein leichtes Schmunzeln, haben die Jünger der Punk-Revolution in den Siebzigern die altgedienten Rock-Bands doch verächtlich als „Boring Old Farts“ tituliert, das hätten sich Harper und Co. seinerzeit wohl auch nicht träumen lassen, dass die Nummer etliche Jahrzehnte später wie das sprichwörtliche Pflastersteine-Schmeißen aus dem Glashaus als Bumerang zurückkommen könnte… ;-)))
Im Jahr des Herrn 2017 lieferte Steve Straughan an der Gitarre den leidlich brauchbaren Nicky-Garratt-Ersatz, der ex-Lurkers-Musiker war in hiesigen Breitengraden in der Vergangenheit bereits mit seiner Stammcombo Hi-Fi Spitfires vorstellig, ansonsten ging der vergangene Donnerstagabend im Münchner Feierwerk seinen gewohnten Gang in Sachen Subs-Vollbedienung, der auch mit bald 73 Jahren immer noch sehr fidele Charlie Harper gab wie gehabt den launigen Lautsprecher und Vorturner, die Band schrubbte sich im gesteigerten Tempo durch das neue Material des 2016er-Tonträgers „Ziezo“, die Subs sind inzwischen in der durchlaufenden alphabetischen Benamung ihrer Longplayer am Ende der Fahnenstange angelangt, dazwischen hatte die Beschallung für die pogenden Massen vor der Bühne in der Auswahl repräsentativer Arbeiten den ein oder anderen Durchhänger, was das Originelle und den Spielwitz anging, gegen Ende der Darbietung zog Tempo und Euphorie aufgrund der Auswahl von Klassikern wie „Warhead“, „Stranglehold“ oder „C.I.D.“ aus der immer noch hörenswerten Frühphase der Band erneut kräftig an, und so war’s unterm Strich dann doch noch der erwartet launige Abend in Reminiszenz an die eigene Jugend, die individuelle, immerhin auch schon dreißigjährige Konzerthistorie mit den Subs, die damals im März 1987 im 100 Club in der Londoner Oxford Street zur Feier von „Ten Years Of Punk“ ihren Anfang nahm, soll nun hiermit ihr halbwegs anständiges Ende finden. Prost und ab.
(****)

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Soundtrack des Tages (83)

Easy October – Baby Blue

Alter Schwede !! ;-))


 
Lambchop – Young Americans

Eine der besten und sympathischsten Bands aus Ami-Land mit einer genialen Version des Bowie-Klassikers – Enjoy !


 
TV Smith – Immortal Rich

Der Fernseh-Schmied erklärt den Palästen den Krieg !


 

TV Smith @ Hansa39, München, 2015-02-08

„Punk war mir bereits ein Begriff. Dieser Artikel vom 12. Februar im NME über dieses Konzert und darüber, wie mit einem Stuhl nach Jordan geworfen wurde – zum ersten Mal bekam ich eine Ahnung davon, dass es in Großbritannien etwas gab, das mich interessieren könnte. Außerdem gab es Neuigkeiten aus den Staaten über die Dolls und Iggy, und du hattest das Gefühl, dass so etwas nun erstmals auch in England passierte – klar, da wollte ich dabei sein!
Wir wollten in London leben, mussten aber erst eine bezahlbare Wohnung finden. Wir haben dann ein Ein-Zimmer-Appartement in Clapham gefunden, das halbwegs finanzierbar war. Für jemanden, der gerade 18 oder 19 Jahre alt ist, ist das ein großer Schritt. Wir schnappten uns alles, was wir hatten, und setzten uns in den Zug. Wir überlebten, weil wir tagsüber irgendwelchen Kackjobs nachgingen.“

(TV Smith, in: John Robb, Punk Rock, Die Geschichte einer Revolution, Der Weg ins Chaos 1976 – Teil I, Heyne, 2009)

Punk-Rock-Nostalgie-Abend am vergangenen Sonntag im Feierwerk, Teil 1: Wie es seit einigen Jahren gute Tradition ist, eröffnete TV Smith den bunten Abend mit seinem beherzten Soloauftritt, bevor im Anschluss die Punk-Kollegen von den UK Subs die Bühne stürmten, zur Akustischen trug Tim Smith seine nach wie vor die Punk-Revolution feiernden Kampfhymnen und Protestsongs mit einer Intensität und Inbrunst vor, die so manchem Jungspund noch zur Ehre gereichen würden.
Neben einigen Stücken seiner neuen CD „I Delete“ brachte er alte Klassiker wie „Immortal Rich“, „Expensive Being Poor“, „Pushed Again“, im Original von den Toten Hosen, und seinen von den Konzertbesuchern besonders gefeierten, zeitlosen Adverts-Klassiker „Gary Gilmore’s Eyes“ (1977 immerhin Platz 18 in den UK-Singles-Charts!) zu Gehör, das Publikum dankte es dem sympathischen Briten mit warmherzigem Applaus. Der Fernseh-Schmied ist und bleibt ein gern gesehener Gast in unserer Stadt!
(**** ½)

TV Smith / Homepage

Soundtrack des Tages (58)

Billy Bragg – Between The Wars


 
TV Smith – Gary Gilmore’s Eyes


 
Peter Escott – My Heaven My Rules


 
Over The Rhine – Baby If This Is Nowhere


 
I See Hawks in L.A. – I Fell In Love With The Grateful Dead


 
Mourn – My Brain Is Made Of Candy

Reingehört (22)

KULTURFORUM Reingehört (23) 2014-11 www.gerhardemmerkunst.wordpress.com
 
Peter Escott – The Long O (2014, Captured Tracks)
Wunderbares, Piano-dominiertes Songwriting des Australiers, einige, wenige Stücke dezent mit elektronischem Firlefanz unterfüttert. „Angel“ ist ein exzellentes Beispiel für großartiges Musizieren, an anderen Stellen ist das Werk wiederum spärlich und unpoliert. Nichts von der Stange, Vergleiche drängen sich nicht unbedingt auf und genau das macht das Album spannend.
(**** ½)

Mourn – Mourn (2014, Sones Records)
Indierock mit krachigem Mädels-Gesang: Spanische Jungspunde mit einem unüberhörbaren Hang zu Sonic Youth, Anna Calvi und PJ Harvey. Würde es ihn geben, würde ich an der Stelle den Sleater-Kinney-Gedächtnispreis verleihen.
(****)

Billy Bragg – Live At The Union Chapel London (2014, Cooking Vinyl)
Mein britischer Lieblings-Linker und eine der sympathischsten Erscheinungen im Pop-Business mit einer Konzert-Aufzeichnung im Rahmen seines 30-jährigen Bühnenjubiläums. Schöner Querschnitt über sein Schaffen in neuem, musikalisch recht anspruchsvollem Alternative-Country-Gewand, das meiste mit Band eingespielt, oft sehr Slide-Gitarren-lastig, nur wenige Klassiker wie „Between The Wars“ im vertrauten Solo-Vortrag. Die für Bragg-Auftritte typischen Endlosvorträge wurden mutmaßlich rausgeschnitten, es gilt die Devise: „You Cannot Beat Three Cords And The Truth“. Für Fans ein Muss und für Neueinsteiger eine schöne Ergänzung zur „Essential“-Billy-Bragg-Doppel-CD „Must I Paint You A Picture?“ von 2003. Mit DVD.
(*****)

Over The Rhine – Blood Oranges In The Snow (2014, Great Speckled)
Das aus Ohio stammende Duo Karin Bergquist und Linford Detweiler ist mir erstmals 2007 mit ihrer schönen Americana-Scheibe „The Trumpet Child“ über den Weg gelaufen. Das neue Werk präsentiert sich als getragenes, gehaltvolles Alternative-Country/-Folk-Konzeptalbum zum Thema „Winter“. Holzofen anschmeißen, Glühwein brühen und „Over The Rhine“ anhören! Frohe Weihnachten wünscht an der Stelle schon mal das Kulturforum …;-)))
(****)

TV Smith – I Delete (2014, Drumming Monkey / Rough Trade)
Der ex-Adverts-Frontmann mit einer passablen Punk-Rock-Platte, die akustischen und elektrischen Gitarren dominieren, ein paar deutschsprachige Titel, die TV Smith vor einigen Jahren für ein Theaterstück geschrieben hat, runden die Scheibe ab. Nix grundsätzlich Neues oder Spektakuläres, aber einem Sympath-Mann wie dem Fernseh-Schmid kann man immer gut zuhören bei seinem flotten und oft auch sehr melodischen Gepolter. Demnächst auf Tour mit den UK Subs.
(*** ½)

I See Hawks In L.A. – New Kind Of Lonely (2012, Blue Rose Records)
Tiefenentspannte, akustische Country-Scheibe der Band aus Kalifornien mit dem originellen Namen. Was will man gegen eine Scheibe groß ins Feld führen, auf deren Trackliste sich eine Nummer wie „I Fell In Love With The Grateful Dead“ befindet. Da geht Dir als altem Deadhead das Herz auf, frage nicht.
(****)