Watter – History Of The Future (2017, Temporary Residence Limited)
Multiinstrumentalist William Zakary Riles von der Portland-Experimental-Combo Grails hat sich 2014 mit Slint-Drummer Britt Wallford und einem Keyboarder namens Tyler Trotter zusammengetan und das gemeinsame Trio Watter ins Leben gerufen, „History Of The Future“ ist mittlerweile das zweite Werk der Klangtüftler, auf dem sie in knapp fünfzig Minuten den Ansatz des instrumentalen Postrocks aus einer dunklen, erhabenen Grundstimmung heraus in Richtung Math-, Prog- und Jazz-Rock-Improvisation, Ambient-Electronica und Spoken-Word-Sampling erweitern, wobei sich das Gesamtwerk einer eindeutigen Zuordnung/Marschrichtung verweigert, was dem spannungsgeladenen Hören nur zuträglich ist, „Depth Charge“ etwa wird im getragenen Flow von orientalen Wüstenwinden durchweht, während sich das abschließende „Final Sunrise“ nach dem vorausgegangenen, langen Durchwandern unheimlicher Klanglandschaften ganz der sanften, Stimmungs-aufhellenden, von filigranen Akustik-Gitarren dominierten Progressive-Balladenkunst hingibt, die so auch in den frühen Siebzigern entstanden sein könnte. Postrock muss nicht immer Meter-hohe Gitarrenwände hochziehen und der puren Lust an groß angelegten Lärm- und Crescendo-Orgien frönen, es darf auch gern mal austarierter, Facetten-reicher und feingliedriger über die Bühne gehen…
(**** ½)
Papir – V (2017, Stickman Records)
OK, als Bußgeld vorab einen Fünfer ins Phrasen-Schwein: Dänen lügen nicht oder der wahre Jakob in Sachen Prog/Psychedelic/Postrock – Nicklas Sørensen, Christian Becher und Christoffer Brøchmann aus Kopenhagen delektieren sich in 90-Minuten-Doppel-LP-Länge in den sieben durchnummerierten Stücken des aktuellen Studioalbums „V“ an ihrer individuellen Spielart der instrumentalen Rockmusik, in bis zu 25 Minuten ausufernden Klang-Entwürfen gelingt dem Trio Bereicherung und Nuancen-Hinzufügen in einem Genre, in dem man sich an dem Punkt wähnte, dahingehend sowieso schon alles mal irgendwo gehört zu haben, im Fall von Papir aber tatsächlich weit gefehlt, aus einem tiefen Verständnis heraus für Progressive- und Kraut-Maßstäbe der Altvorderen entwickeln die drei jungen Dänen mit ausgeprägten musikalischen Fähigkeiten ihre Vision von Gitarren-dominierter Psychedelic, die geschickt mit Ambient-, Schuhglotzer- und Postrock-/Postmetal-Elementen spielt und die ausladenden, fein gestrickten und atmosphärischen Klang-Konstrukte in ungeahnte Space-Weiten vordringen lässt.
Hinsichtlich technischem Support haben die Skandinavier auch alles andere als gekleckert, kein Geringerer als Tortoise-Soundtüftler John McEntire saß an den Reglern zum Abmischen der ergiebigen Tondichtungen. Intelligenz trifft Spielfreude, Können, Inspiration. Gegen diesen überbordenden Kreativitäts-Trip kann man jedes Langhaarigen-Stoner-Dumpfgepolter links liegen lassen.
(*****)