Post-Rock-Vollbedienung am vergangenen Sonntagabend im Loft, einem abgeranzten klassizistischen Altbau hinter dem Münchner Ostbahnhof, gibt es als Veranstaltungsort schon ewig, ich war bis dato noch nie dort – was soll ich sagen, man lernt halt nie aus ;-)) Bin in meiner jahrzehntelangen Konzertgänger-Historie schon so ziemlich in jedem Loch in München unterwegs gewesen, in dem wer aufgespielt hat, aber die Butze ist mir noch nicht untergekommen. Feine Sache, und für sechs (!!!) Öre Eintritt konnte man eh nicht knurren, aber der Reihe nach:
Den stimmungsvollen Abend eröffnete die Münchener Band Yakpilot. Angekündigt waren sie stilistisch unter dem Label „Screamo“, ich war vorab schwer am rätseln, was uns da erwartet, wohl irgendwas mit Gebrüll, die Erinnerungen schweiften in Richtung „Vágtázó Halottkémek / Rasende Leichenbeschauer“, jener Budapester Schrei-Therapie-Band, die auf den Bühnen nicht nur unserer Stadt in den Achtzigern und Neunzigern wiederholte Male ihr Unwesen trieb, aber die Befürchtung hat sich dann doch als ziemlich grundlos herausgestellt, der junge Mann am Mikro hat sich zwar schwer einen abgeröhrt, aber letztendlich doch in geordneten Bahnen und begleitet von drei kompetenten Mitmusikern, die einen hochinteressanten, stimmigen, vom amerikanischen Hardcore beeinflussten Gitarrenteppich auslegten. Anstelle „Screamo“ hätte ich det Janze als „90% Peter Hein/10% Rio Reiser trifft Black Flag/Rollins Band trifft Soulside/Fugazi“ betitelt, aber das ist vom Text natürlich viel zu wenig griffig…;-))) Muss natürlich auch noch lobend erwähnt werden: Die Texte wurden auf Deutsch vorgetragen, was ich bei einer Inländer-Band grundsätzlich begrüsse, sehr poetisch, was ich bei dem Geschrei so rausgehört habe und damit in völligem Kontrast stehend zur lauten, energetischen und mitreißenden musikalischen Untermalung der Combo. Ein überzeugender, kurzer Auftritt einer jungen Band from Minga, von der man hoffentlich noch einiges hören wird, ich drück die Daumen!
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Fortgesetzt wurde die feine Veranstaltung vom Mädel (Kim Gordon of Munich ? Who knows…) und den Burschen von Nasmyth, die im Übrigen auch für die Veranstaltung der Sause verantwortlich zeichneten, wofür ihnen an der Stelle auf das allerherzlichste gedankt sei! Ich habe die Band im vergangenen Herbst bei einem ähnlich geschnürten Post-Rock-Paket in der Glockenbachwerkstatt entdeckt und es ist erstaunlich, welch grandiose Entwicklung das Quartett seither gemacht hat. Von damals vorhandenen Metal-Element ist kaum mehr was übrig geblieben im Sound von Nasmyth, beim Konzert am Sonntag ging die Reise eindeutig in Richtung instrumentaler Gitarren-Post- und Prog-Rock, und das inzwischen tatsächlich in einer Güte von Bands wie Explosions In The Sky, Caspian, Sleepmakeswaves oder Red Sparrowes. Ausdifferenziert, abwechslungsreich, euphorisch und zupackend, zuhauf sich aufbauende Gitarrenwände, ich könnte mich mit lobenden Worten überschlagen, was soll ich sagen, Post-Rock von seiner besten Seite und ein Fest für einen Freund des Genres wie mich. Das anwesende, leider nicht sehr zahlreiche Publikum sah es ähnlich und spendete höchst animiert begeistert Applaus.
Wie Drummer Timo kundtat, kommt im Juli die erste CD der Band auf den Markt und da freu ich mich schon wie Bolle drauf, zumal er auch noch was von einem dann anstehenden Konzert zum Besten gab… ;-)))) I’ll keep you informed and entertained….
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Einen mehr als würdigen Abschluss fand dieser Festtag in Sachen Post-Rock mit dem belgischen Instrumental-Trio Terraformer aus Lüttich. Die drei Wallonen gaben ihre aktuelle CD „Creatures“ (2014, Dunk!records) im abgedunkelten Raum zum Besten und versetzten so das dankbare Publikum mit geschliffener Härte und kompromisslosem Vortrag in den finalen Rauschzustand. Wer nach stilistischen Verwandtschaften sucht, dürfte bei der Chicagoer Post-Metal/Post-Rock-Band Russian Circles am ehesten fündig werden. Der grandiose Vortrag der Belgier hätte wahrlich – und das gilt auch uneingeschränkt für Yakpilot und Nasmyth – wesentlich mehr Publikum verdient. Warum Mogwai – die ich im übrigen sehr verehre, nicht falsch verstehen – in rappelvollen Hallen vor tausend Leuten spielen und Terraformer nur vor ein paar Hanseln, dass muss mir mal beizeiten wer erklären. Anyway, ich hoffe, die Belgier haben sich vom spärlichen Besuch nicht abschrecken lassen und geben in naher Zukunft ein weiteres ihrer phantastischen Konzerte in unseren Breitengraden…
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