Reingehört (285): Hauschka

KULTURFORUM Hauschka & Münchner Philharmoniker @ Muffathalle München 2015-01-07 (13)

Hauschka – What If (2017, Temporary Residence Ltd. / City Slang)

Der Düsseldorfer Komponist Volker Bertelmann aka Hauschka fragt auf seinem neuen Album „Was wäre, wenn…?“, das Konzeptalbum setzt sich in Nachfolge zum 2014er-Werk „Abandoned City“ (City Slang) plus zugehörigem Remix-Album „A NDO C Y“ über entvölkerte Städte in neun Instrumental-Arbeiten mit Zukunftsperspektiven auseinander, wie die Welt in dreißig Jahren aussehen wird, bestimmt von Themen wie Wasserknappheit, emotionaler Kälte, dem Umstand, dass Bäume nur noch in Büchern existieren und der Science-Fiction-Vision vom Leben unserer Kinder auf dem Mars.
Musikalisch werden diese Themen in gewohnt-typischer Hauschka-Manier überwiegend weitaus leichtfüßiger, verspielter präsentiert, als die von den Songtiteln vorgegebene inhaltliche schwere Kost vermuten ließe.
Minimal Music und Neoklassik via präpariertem Piano trifft auf Elektronica, Samples und allerlei weitere dezentere bis vordergründige abstrakte Klangspielereien, Volker Bertelmann lotet die Grenzen aus zwischen Klassik, Ambient, Experiment und artifiziellen Formen des Pop, durch anregende, hoch spannende und jederzeit gut hörbare, ohne jegliche Schmerzen konsumierbare instrumentale Avantgarde-Tondichtung, mit Hilfe der klassisch geschulten Klavierübungen und unter Einsatz diverser technischer Gerätschaften.
Hauschka legt Klangschicht über Klangschicht im Geiste der repetitiven Minimal Music, wie sie von Pionieren des Genres wie Philip Glass oder John Adams in ihren intensivsten Arbeiten geschaffen wurden, er erweitert die Klangsprache der neuen Arbeit durch Zitieren von Hip-Hop-Elementen, Einbindung schwer pochender Rhythmik und verschwurbelt-schräger Sci-Fi-Electronica, die an Filmmusik angelehnt ist, ein Metier, in dem sich Hauschka in den vergangenen fünf Jahren ausgiebigst tummelte.
Die treibenden, komplexen, oft verspielten Arbeiten finden Kontemplation, Ergänzung und Erweiterung in Balladen-artigen Piano-Elegien, Tango-verwandter Rhythmik und der Thematik geschuldeten Experimental-Drones, die in gesteigerter Düsternis und Intensität jedem Industrial-Tonträger zur Ehre gereichen würden.
Selten wird das musikalische Experimentieren anregender und gleichzeitig entspannter vorgetragen als auf Hauschka-Einspielungen, dem Mann gehen die überbordenden Ideen locker von der Hand wie kaum einem Musiker dieser Liga. Und selten gelingt es einem Komponisten formvollendeter, scheinbar völlig heterogene Elemente des musikalischen Kosmos stimmiger, unverkrampfter und unkonstruierter wirkend in Einklang zu bringen.
„What If“ erscheint am 31. März.
(***** ½)

Morgen tritt Hauschka im Rahmen des frameworks-Festivals für experimentelle Musik in der Münchner Muffathalle auf, den Abend eröffnen wird der italienische Performance- und Elektro-Akustik-Underground-Künstler Valerio Tricoli. Der Eintritt ist frei. Einlass 19.30 Uhr.

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