BANDS NEED SPACE – Benefizkonzert @ Glockenbachwerkstatt, München, 2016-02-06

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Ende 2015 musste das Bürgerhaus Glockenbachwerkstatt auf Anordnung des Gesundheits-Referats der Stadt München die Band-Übungsräume im Keller schließen, der Umstand ist der zu hohen Feuchtigkeit im Untergeschoss geschuldet.
35 Jahre lang nutzten Münchner Bands im Zentrum der Stadt die Räume der Glockenbachwerkstatt zum Proben, Aufnehmen, zum Rückzug und zum Experimentieren. Bis zuletzt probten hier 15 Bands und Projekte. Über 60 MusikerInnen tauschten sich musikalisch, künstlerisch und organisatorisch in den Sparten Metal, Noise, Experimental, Punk, Indie und Folk aus.
Die Bands und MusikerInnen, die die Räumlichkeiten bisher nutzten, tragen abseits des Mainstreams wesentlich bei zum Renomée der Musikstadt München, nicht zuletzt Haus-eigene, teils regelmäßige Glockenbachwerkstatt-Programme wie Fish ’n‘ Blues, Maj Musical Monday, danebenleben und unterschiedlichste Sessions wurden durch sie geprägt.
Am vergangenen Samstag lud der Stadtteiltreff zusammen mit den Bands Majmoon, Cadelilla, Friend Of Gas und den Fish ’n‘ Blues Allstars zur Benefizveranstaltung für die Sanierung der Proberäume, die Gäste strömten zahlreich und wurden für ihr Kommen gegen Entrichtung eines geringen Obulus hinsichtlich musikalischer Leckerbissen im GBW-Saal und in der Kneipe fürstlich belohnt.

Den Auftakt im Saal machte die Münchner Instrumental-Band Majmoon, die an dem Abend als Quartett aufspielenden Musiker bereicherten den Postrock-Kosmos erneut um ein Vielfaches an exzellenten Ideen, die Trance-artigen Gitarrenwände lassen Reminiszenzen an die großen Momente im Progressive-/Krautrock erahnen, alles was gut und wichtig war im Bereich frühe Pink Floyd, King Crimson, Can, ohne diese großen Namen nur zu zitieren oder gar zu kopieren, vielmehr binden Majmoon die Einflüsse geschickt ein in das eigene musikalische Verständnis, erweitern und bereichern auf das Beeindruckendste und finden nicht zuletzt neben der hervorragenden Gitarrenarbeit von Asmir „Chaspa“ Sabic, Josip Pavlov und Thomas Westner durch das agile und druckvolle, mitunter an Jazz-Drummer erinnernde Spiel des Schlagzeugers Axel Wagner zu ihrer ureigenen tonalen Sprache. Die konzertante Wohltat wurde wie immer vorbildlich ergänzt und bereichert durch die visuell berauschenden, bildgewaltigen Effekte von Gene Aichner. Glückshormone erzeugender Multimedia-Experimental-Spaß, once again.
(*****)

Majmoon / Homepage

Friends Of Gas gaben in ihrem kurzen, intensiven Auftritt der urbanen Ästhetik der Früh-Achtziger Raum, Stakkato-artige Parolen, von Sängerin Nina Walser frostig-hart inklusive formvollendetem Bühnengebaren irgendwo zwischen Ian Curtis und David Yow vorgetragen, unterlegt mit schneidenden, Großstadt-Kälte assoziierendem Gitarrensound – wer sich an frühe Associates, Cure, Joy Division und vor allem hinsichtlich der Texte an SYPH, Fehlfarben, Malaria! aus heimatlichen Gefilden im Klangbild der Band erinnert fühlt, liegt vermutlich nicht falsch, gepaart mit einem bezwingenden No-Wave-/New-Wave-Ansatz und bereichert durch treibende Noise-Rock-Klangmalereien ergab die tonale Attacke einen betörenden Mix, an dem München und der Rest der Welt vermutlich noch viel Freude haben wird.
(**** – **** ½)

Friends Of Gas / Homepage

Superguten Noiserock gepaart mit deutsch-englischen Texten boten zum Abschluss der gelungenen Konzertreihe im Saal die vier jungen Frauen von Candelilla, den Ritterschlag im Genre erhielt die Band vor drei Jahren durch die Produktionsarbeit an ihrem 2013er-Album ‚Heart Mutter‘ (Indigo) von keinem geringeren als Big-Black-/Shellac-Chef Steve Albini, über den Textgehalt der nur durch Nummern benannten Songs der Band mag man sich streiten, die Ernsthaftigkeit der Musik jedoch ist über jeden Zweifel erhaben, der durch schneidend-schwere Gitarrenwände, experimentelle Klavieruntermalungen, treibenden Bass und druckvolles Getrommel dominierte, von jeglichem Pop-Wohlklang/-Firlefanz befreite Indie-/Postrock-/Postpunk der Damen Seybold, Argauer, Mann und Hilpold ließ das geneigte Publikum mehr als nur erahnen, dass sich München in dieser Liga vor der internationalen Szene wahrlich nicht verstecken muss. Well done, Ladies…
(**** ½)

Candelilla / Homepage

Da Zweiteilen nach wie vor unmöglich ist, kann zum parallel zum Saal-Geschehen stattgefundenen Auftritt der Fish ’n‘ Blues Allstars wenig berichtet werden, Andi Sturm und der ehemalige Zündfunk-Redakteur Carl Ludwig Reichert von Sparifankal II wuselten im Vorfeld rum, hätte ich gerne gehört (Gelegenheit dazu dankenswerter Weise bald wieder, im Substanz am 18. Februar), immerhin war mir der großartige Antun Opic noch für ein paar Songs beschieden, zusammen mit Fish ’n‘ Blues-Veteran Stani Kirov jammte er sich durch feinen Gitarren-Blues, Antun Opic ist im übrigen demnächst auch wieder live in seiner ganzen Pracht zu genießen am 25. Februar, im KAP37, demnächst mehr dazu. Die Open-Stage-Jam-Session Fish ’n‘ Blues findet nebenher bemerkt jeden Mittwoch in der Kneipe der Glockenbachwerkstatt statt, hingehen lohnt sich grundsätzlich immer…

BANDS NEED SPACE Antun Opic + Stani Kirov @ GBW München 2016-02-06

Antun Opic / Homepage

Glockenbachwerkstatt / Homepage

4 Kommentare

  1. Majmoon gefallen mir besonders gut. Und mit den Mädels von Candelilla ließe sich, denke ich, ein richtig guter Abend verbringen. Toll, so was hat immer jede Förderung verdient!

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