set and setting – Reflectionless (2017, Silence Of Science Records)
set and setting aus St. Petersburg/Florida – ob sich die Band nach dem gleichnamigen Album der US-Psychedelic-/Space-Band Bardo Pond aus dem Jahr 1999 benannt hat, oder nach den Begrifflichkeiten des amerikanischen Psychologen Timothy Leary hinsichtlich mentaler/gesundheitlicher Verfassung und Umgebung des Konsumenten bei der Einnahme von LSD, ist nicht bekannt, denkbar wäre beides, das Quintett um die Handal-Brüder entfaltet auf ihrem dritten Longplayer mit Hilfe unterschiedlichster Zutaten aus dem Setzkasten der atmosphärischen Instrumental-Musik ein berauschendendes Klangfarben-Spektrum zwischen völlig entschleunigten Ambient-Drones im einen Extrem und geballter Postmetal-Druckbetankung am anderen Ende der Intensiv-Skala, in den lauten Heavy-Passagen und offensiven Industrial-Anlehnungen zusätzlich befeuert im wuchtigen Ausmaß durch das Grateful-Dead-Modell mit den zwei Drummern.
Das achtminütige, großartige „…The Idyllic Realm“ als Herzstück des Tonträgers darf man ohne Abstriche als Blaupause für jeden gelungenen Postrock-Entwurf werten, ein Herausarbeiten aus Trance-artigem Meditativ-Klang in ansteigendem Vehemenz-Pegel bis hin zum völlig entfesselten, frei fließenden wie Glückshormone erzeugenden Gitarren-Überschwang im heftigen Finale wartet mit nahezu allen Facetten auf, die das Genre exemplarisch an herausragender Tondichtung zu bieten hat.
„Reflectionless“ ist bereits Anfang des Jahres erschienen, im Frühsommer am Merch des belgischen Dunk!Festivals nach exzellentem Live-Vortrag der Band über den Tresen gegangen, seitdem in schöner Regelmäßigkeit durch die heimischen Lautsprecher gejagt worden – und erfährt hier jetzt endlich die längst fällige Würdigung. Breitband-Postmetal von ausgesuchter Güte, in strahlendem Glanz und trunken machender Klang-Explosion, selbstredend auch ohne LSD oder anderem Sinne-benebelndem Teufelszeug schwerst tauglich…
(***** – ***** ½)
Terraformer – Mineral (2017, Dunk!Records)
Minerale als Titelgeber sind nicht die schlechteste Wahl für das 2017er-Album des wallonischen Postrock-Trios Terraformer, die Band aus Lüttich zaubert mit den sechs langen Instrumental-Epen eine Mixtur aus geschliffener Härte und funkelnder Schönheit auf den Tonträger, wesentliche Eigenschaften, wie sie auch den Kristall-Gesteinen aus dem Erdinneren anhaften. Den Belgiern gelingt die perfekte Schweißnaht zwischen Postrock und Postmetal, die herrlichen, erhabenen, wunderschönen, Euphorie-befeuernden Sound-Wände ihrer tonalen Entwürfe werden permanent angetestet und auf ihre Tragfähigkeit geprüft von der schweren Wucht des Doom und experimenteller Noise-Schroffheit. Eine nachdrücklich-intensive wie beglückende Klangreise, die einmal mehr unterstreicht, dass Terraformer – wie im übrigen auch die oben erwähnten set and setting – inzwischen ohne Abstriche in einer Liga mit den Helden von Pelican und Russian Circles spielen und damit mit ihrem aktuellen Werk das Fehlen von neuem Material der US-Postmetal-Vorzeigebands vollauf kompensieren.
Tobias Stieler von der Duisburger Postrock-Band Kokomo hat „Mineral“ gemixt und gemastert, man hat bereits 2014 beim gemeinsamen Projekt Euryale zusammengearbeitet.
(*****)