Kikagaku Moyo 幾何学模様 + Pretty Lightning @ Milla, München, 2017-06-13

Psychedelic-Rundum-Glücklich-Doppelpack am vergangenen Dienstag im Kellergewölbe des Milla, eröffnen durften die konzertanten Aufführungen des Abends die Saarländer Christian Berghoff und Sebastian Haas vom Duo Pretty Lightning mit ihrem sich ohne Umschweife ins Hirn fräsenden Psycho-Blues, der mit seinem staubtrockenen und im hart-direkten Anschlag nach vorne polternden Rhythmus, den Experimental-befeuerten Verzerrungen an der Gitarre und allerhand Geklimper an Glockenspiel und anderem Klanginstrumentarium Bilder von Schamanen-Geisterbeschwörungen, Mescal-bedingten Halluzinationen in der Wüstenhitze und Assoziationen an die berauschendsten Momente der Trash-Blues-Ausbrüche der Jon Spencer Blues Explosion weckte – eine überzeugende Demonstration in Sachen hypnotischer Psychedelic-Prog-/Desert-/Delta-Blues, Garagen-Trash und düster-roher Drone-/Space-/Kraut-Visionen, deren gefangen nehmende Vehemenz die zahlreich erschienenen Besucher äußerst wohlwollend zu goutieren wussten.
Wer am Dienstag schändlicherweise beim Schweinerock von Guns N‘ Roses im Olympiastadion war oder – im weitaus günstigeren Fall – beim Single-Release-Konzert von Zwinkelman in der Polka Bar oder wo auch immer, hat am 8. Juli erneut Gelegenheit zur mentalen Einverleibung der vehementen Southern-Gothic-Tondichtungen von Pretty Lightning, zu dem Datum spielt das Duo seine trunken machende Spielart des Blues beim Freakinout-Fest im oberbayerischen Nandlstadt.
(**** ½ – *****)

Der Hauptteil des Abends gehörte den fünf Ausnahmemusikern von Kikagaku Moyo 幾何学模様, und jene haben ihn dann auch optimal genutzt für eine Zeitreise zurück zu den Wurzeln der Kraut- und Space-Psychedelic, in Outfit und Haartracht präsentierte sich das Quintett aus Tokio wie eine fünffache Ausgabe des ehemaligen Can-Sängers Damo Suzuki zu seinen Glanzzeiten, nicht nur optisch ein erster Aufhänger für die an dem Abend nachhaltig demonstrierten Referenzen an die seligen Zeiten des Experimental-Rock vergangener Dekaden, die stilechte, verschwurbelte Bunte-Bilder-Lightshow tat ihr Übriges zu dieser irgendwie aus der Zeit gefallenen und doch nach wie vor euphorisierenden Klangexplosion.
Wo die Japaner auf ihren Tonträgern neben ihrer Experimentierfreude und Ideenvielfalt weitestgehend im klassischen Songwriting verhaftet sind, zelebrieren sie im Live-Vortrag ihre Werke in weitaus freierer Form, neben feiner Sitar-Melodik im Geiste des indischen Raga und schweren Keyboard-Drones ergingen sie sich in schier endlos ausufernden Free-Flow-Gitarren-Jams, neben der grundsätzlichen Verhaftung im musikalischen Verständnis von Pionieren des Genres wie Amon Düül, Guru Guru, Faust oder eben den legendären Can verwob die Band geschickt Elemente des Sixties-Pop in Form von „Dark Star“-Zitaten, „Sister Ray“-Anlehnungen, Schlager-Elementen aus der 67er-Psychedelic-Schule und Filmmusik-artigen, feierlich-erhabenen Klanggebilden im Geiste des großen Ennio Morricone.
Die durch die großartigen Einspielungen der Band geweckten Erwartungen wurden konzertant schwerst bestätigt, dem Begehr des beglückten Publikums nach Bonus-Material zum geplanten Bühnenprogramm konnten die Musiker mit der Japanern innewohnenden Höflichkeit selbstredend nicht widerstehen. Ahnherr Damo Suzuki hätte das gewiss auch zu schätzen gewusst.
(*****)

Very special thanks an Mel / curt-Magazin.

2 Kommentare

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